Schwämme (Porifera) sind Tiere
Nicht nur in der Antike – auch heute noch halten viele Schwämme für nette Badeutensilien oder im Höchstfall noch für Unterwasserpflanzen.
Sie sind (scheinbar) einfach gebaut, besitzen weder ein Herz oder ein Gehirn, noch spezialisiertes Nerven- oder Muskelgewebe – können DAS wirklich Tiere sein?

Die Antwort darauf ist ein eindeutiges JA.

Pflanzen „ernähren“ sich von Licht und anorganischer Materie (→ sind also phototrophe Organismen), Schwämme hingegen ernähren sich wie alle Tiere von organischer Materie, in ihrem Fall von Kleinstlebewesen (→ sind damit heterotrophe Organismen).

 

 

Seit 700 Millionen Jahren sind diese urtümlichen Tiere in allen Meeren zuhause, der älteste Schwamm hat ein geschätztes Alter von 10.000 Jahren und lebt im Südpolarmeer.

Manche leben auch im Süßwasser und es gibt sie in allen möglichen Formen, Farben und Größen – von wenigen Millimetern Größe bis mehreren Metern Höhe, als Schläuche, Vasen und Fässer.

Aufbau und Ernährung des Schwamms sind genial einfach: der Schwammkörper besteht aus einem zentralen Raum mit mehreren Öffnungen (→ Ostien).

Seine Wand ist von einem System aus Kanälen und Hohlräumen durchzogen (→ Geißelkammern). Die Kammern sind mit sog. Kragengeißelzellen ausgekleidet, die durch das Schlagen mit ihrer Geißel (einer Art Schwänzchen) einen Wasserstrom erzeugen. Das Wasser strömt durch die feinen Poren und die Kanäle, während die Kragengeißelzellen winzige Nahrungspartikel heraus filtern und verdauen.
Das filtrierte Wasser tritt an der oberen Öffnung des Schwamms (→
Osculum) wieder aus.

Gestützt wird der Schwammkörper durch ein Skelett aus Nadeln (→ Spicula), die entweder aus Kalk oder aus Kieselsäure bestehen.

Schwämme sind wichtige Wasser-Filtrierer und Riffbewohner & -bildner.

Wo Schwämme wachsen, ist die Fauna am Meeresboden vielfältiger, denn die Skelette / Kieselnadeln abgestorbener Schwämme bilden filzige Matten, die anderen Lebewesen als Untergrund und Lebensraum dienen.

Auch lebend bieten Schwämme vielen anderen Tieren Unterschlupf. So nutzen Kleinkrebse, Würmer, Federsterne und Fische die Porifera als Schutzraum.

 

 

Die besondere Geschichte zum Schwamm:

Einen ganz besonderen Schutzraum hat sich eine kleine Garnelenart mit dem Gießkannenschwamm Euplectella aspergillum ausgesucht:  sein Skelett besteht aus einer feinen Gitterstruktur, durch die die kleinen Garnelen-Larven – meist als Pärchen - ins Schwamminnere schwimmen.

Wenn die Krebstiere ausgewachsen sind, passen sie aber nicht mehr durch das Schwammgitter und müssen so ihr gesamtes Leben im Inneren des Schwamms verbringen.

Er wird deshalb auch Venuskörbchen genannt und in Japan traditionell an Brautpaare verschenkt. Die Garnelenlarven der nächsten Generation sind klein genug, um aus dem Gitter heraus zu schwimmen und sich einen eigenen Schwamm zu suchen.

Welchen Vorteil der Schwamm von seinen Untermietern hat, ist nicht bekannt. Die Krebstiere haben gleich mehrere: Sie sind vor Räubern geschützt und durch das Filtrieren des Schwamms ständig mit nährstoffreichem Frischwasser versorgt.

 

Schwamm und Mensch

Schwämme stellen einen unersetzlichen Wert dar: sie sind nicht nur wichtige Filtrierer und damit tragende Säulen in aquatischen Ökosystemen, sondern auch eine medizinische Schatzkammer: ihr bestens ausgestattetes Immunsystem weist Ähnlichkeiten mit dem des Menschen auf und sie produzieren Antibiotika und krebshemmende Substanzen.

 

Seit 700 Millionen Jahren hat sich die Lebensform Schwamm bewährt – und doch droht er in einem vergleichsweise lächerlich kurzen Zeitraum vom Menschen ausgerottet zu werden.

Der Raubabbau als Badeschwamm, die rabiate Fischerei mit Grundschleppnetzen und die Verschmutzung der Meere machen den Schwamm zur bedrohten Art.

 

Wir tun gut daran, über den Badwannenrand hinauszuschauen:

* „Naturbadeschwamm“ ist kein Qualitätsprodukt für die Badewanne, sondern sinnlose Zerstörung
* Fischfang zerstört Lebensräume und das Ökosystem Meer

WIR brauchen die Schwämme.

 

Biologischer Steckbrief:
Stamm:
Porifera(Schwämme)

3 Klassen:
Calcarea(Kalkschwämme)

Demospongiae(Hornschwämme, Badeschw.)

Hexatinellida(Kieselschwämme)

Ca. 11.000 Arten

 

Zellen / Gewebe:

Pinacozyten(„Außenhaut“)
Choanocyten(Kragengeißelzellen → zur Ernährung)
Mesohyl (mit Archäocyten, Sclerocyten, Collocyten)
Spicula(Skelett- / Stützfunktion)

Morphologie:

 

3 Bauformen:

Ascon-Typ (klein, schmal)
Sycon-Typ (mittel, nur Kalkschwämme)

Leucon-Typ (dick, komplex, alle Demospongiae)

 

Fortpflanzung:

Überwiegend sexuell: einfache Freisetzung von Spermien und Eizellen

BiphasischerLebenszyklus mit Larve u. sessilem Adultus

Getrenntgeschlechtlichkeit

Asexuell durch Knospung

 

Ernährung;

Filtrierer

Intrazelluläre Verdauung

 

Organe: keine

 

Atmung: keine

 

Blutkreislauf: keiner